2d – Bilderwelten: Der Fokus auf das Einzelbild als kreative Reichweitenbegrenzung

Ein besonderes Phänomen, das sich in der weitgehend geschlossenen Gesellschaft der Mainstream-Fotografie der Amateure herausgebildet hat, ist die Fixierung auf das alleinstehende EInzelbild.

Die Idee des fotografischen Projekts und der Serie, des Bildes in einem thematischen seriellen Kontext, findet sich nur bei Einzeltätern und wird selten gewürdigt, obwohl doch schon jedes einfache Fotobuch in der Autorenfotografie aus dieser Idee heraus entsteht und daher bekannt sein müsste. Woher also die mehrheitliche Unfähigkeit, in thematischen Projektkonzepten zu denken und zu fotografieren?

Jedem Fotoprojekt zugrunde liegt zunächst die Beobachtung der eigenen Lebensumgebung und die Reflexion über das Beobachtete. Daraus entwickelt sich u. U. eine Thematik, ein Konzept zur Umsetzung, und so entsteht schließlich ein Projekt. Nun könnte man sagen, diese Kriterien gelten ja schon für jeden Diakasten mit der Aufschrift „Italien 1985“, ist das doch immerhin schon eine Serie mit einem roten thematischen Faden. Zu wenig. Was fehlt, ist die reflektierte Beobachtung und ihre Visualisierung, die dem Betrachter etwas mitteilt, was über das persönliche Urlaubsprotokoll hinausreicht. Stünde also auf dem Kasten „1985, Italien und seine Lebensart“ und enthielte dieser Kasten dann aussagefähiges Material zu dem Thema ( und nur zu diesem), dann könnte man von einem Projekt sprechen.

Warum also denkt nur eine winzige Minderheit unter den Hobbyfotografen in solchen Zusammenhängen? Dafür kann man verschiedene Gründe annehmen. Zum einen reflektieren die wenigsten Menschen über ihre Lebenswelt und ihre Lebensumstände und hinterfragen sie nicht. Was ist, ist halt so und damit keiner weiteren Betrachtung wert.

Warum sollte ausgerechnet die Gruppe der Hobbyfotografen von dieser mehrheitlichen Haltung abweichen? Zum zweiten war die Amateurkamera von Anfang an nur für das persönliche Protokoll gedacht und wurde auch so verwendet, später erst auch als ein Apparat fürs kreative Hobby, auf einer Ebene des Zeitvertreibs mit der Aquarellmalerei, dem Modellbau und dem Töpfern. Der Bezug zur gesellschaftlichen und kulturellen Umgebung ist der Amateurkamera als Produkt der Freizeitindustrie, das sie schon vor 100 Jahren war, nie in die Wiege gelegt worden.

Bis heute hat sich nichts daran geändert. Der Bilderjäger zieht los, schwer bepackt mit seinen teuren Waffen, die ihn für jede Situation gerüstet sein lassen, und durchstreift sein Revier auf der Suche nach einem guten Bild, das ihm Applaus und Anerkennung einbringen wird. Und dabei ist ihm egal, was am Ende herauskommt, ein vermoderter Fensterladen ist ebenso geeignet wie ein verrostetes Schild im Abendlicht und als Streetfotograf taugt ihm eine flehende Bettlerin so gut wie eine adipöse Frau mit Arschgeweih, die gerade gierig einen Hamburger in sich hineinstopft. Trophäen, das eine wie das andere, nach denen jagt der Chasseur d’mages, wenn er auf der (Foto-)Pirsch ist.

Wer lange genug sucht in den Foren wird dieses Selbstverständnis sogar explizit formuliert finden, der Vergleich von Kamera und Waffe als Präzisionstechnik, die so wunderbar klickt,
Schuss und peng!!. Das Objekt als Trophäe, mit einem tollen Schuss erwischt. Volltreffer!