Dérive / Info

2006-2008


Das fotografische Bild deutscher Städte, frei von subjektiven Einflüssen des Fotografen, sollte mit dem Dérive -Projekt geschaffen werden.

Dokumentarische Fotografie ist zum großen Teil ein persönliches Dokument des Fotografen. Er wählt das Thema, das Motiv, den Ausschnitt, den Auslösemoment. Das entstandene Fotodokument ist somit eng mit der Persönlichkeit des Fotografen, seiner Bildvorstellung und seiner Motivation verbunden.

Im Dérive-Projekt werden alle bildgestalterischen Einflüsse der Fotografen weitestgehend ausgeschlossen, er dient nur noch zur Bewegung der Kamera innerhalb des thematischen Raums, des öffentlichen urbanen Raums deutscher Großstädte.

Ermöglicht wird dies durch die spezielle Aufnahmetechnik: der Fotograf läuft mit einer selbstauslösenden Kamera durch die Stadt. Diese Kamera trägt der Fotograf in einem modifizierten Rucksack auf dem Rücken; so sieht er weder das aufgenommene Motiv, noch kann er den Auslösezeitpunkt festlegen oder das Bild bewusst gestalten.

Mitmachen konnte jeder. Sechszehn freiwillige Fotografen meldeten sich, bekamen den Kamera-Rucksack zugeschickt und zogen los.

Namensgebend für das Projekt ist die spezielle Art der Fortbewegung des Fotografen.
Dérive – Umherschweifen- war eine Technik der internationalen Situationisten um Guy Debord zur Schaffung neuer, fremder Situationen.
Die Mitglieder dieser philosophisch-politisch-(anti)künstlerischen Bewegung trieben sich in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts in Paris herum. Oder besser: sie ließen sich treiben, „sinnlos“, in unbekannten Stadtteilen, nur den momentanen Lüsten und dem Zug der Architektur folgend, nicht selten im Drogenrausch zur Intensivierung der erhofften „Situationen“.

Die Fortbewegung der Dérive-Fotografen sollte äquivalent erfolgen: sie sollten innerhalb der Stadt ziellos umherschweifen, sich treiben lassen, verharren, die Richtung wechseln.


Links:

Bedienungsanleitung der Dérive-Kameraausrüstung

Rapport zur Konstruktion von Situationen, Guy Debord

Referat über die Geschichte und Theorie der Lettristen und Situationisten