Nach dem Krieg wurden auf dem Zupachtland zwischen den Gärten drei neue Straßenzüge angelegt, Am Brambusch, Föhrenweg und die Stichstraße An den Birken. Die Gebäude waren großzügiger und nicht mehr giebelständig geteilt. Auch wurden die Häuser nicht mehr von den Siedlern, sondern von einem Bauunternehmen errichtet. Da der Selbstversorgeraspekt nach dem Krieg in den Hintergrund trat, waren die zugehörigen Gärten wesentlich kleiner dimensioniert. Das dritte Haus auf der linken Seite ist mein Elternhaus.
Herr Kunze, Emils Großvater. Emil war ein Spielkamerad aus Grundschulzeiten. Zuletzt habe ich ihn im Frühjahr 1992 gesehen. Es war ein bitterkalter Morgen, ich hatte eine wichtige Uni-Prüfung, war spät dran, mein Auto sprang nicht an. Und niemand da, der mich anschieben konnte. Nur Emil fiel mir ein. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt seit fast 20 Jahren nichts mehr mit ihm zu tun hatte. Geklingelt, gefragt, trotz einer schweren Beinverletzung sagte er sofort zu und schob mich an. Sehr nett.
Die Straßen der Siedlung wurden elektrisch beleuchtet. Abgesehen von den drei neuen Straßen Am Brambusch, Föhrenweg und die Stichstraßenerweiterung An den Birken, die in den 50ern in das Straßenraster eingefügt wurden. Hier stehen bis heute Gaslaternen, auf der Stichstraße An den Birken Aufsatzleuchten aus den 30er Jahren, auf dem Brambusch und Föhrenweg Gasleuchten vom Typ Alt-Düsseldorf, ein Modell von 1866. Obwohl es mehrere Nachfolgemodelle dieses Typs gab, wurden zum Zeitpunkt des Straßenbaus rund 90 Jahre alte Laternen aufgestellt. Sehr rätselhaft, aber schön. Nur ein bisschen duster.
Seitenansicht eines Spiegel-Entwurfs. Dieses Haus mußte einem Neubau weichen.
Häufig anzutreffende asymmetrische Erweiterung des Haustyps P.Beide Eingangsbereiche der Haushälften wurden überbaut, rechts wurde außerdem die Raumhöhe des Anbaus vergrößert und ein traufständiger Riegel parallel zur Straße hinzugefügt.
Als Kind war Frau Langbehns Büdchen für mich eine Institution. Sie schloß es in den Neunzigern. Bereits in den Siebzigern verschwanden andere kleine Geschäfte aus der Siedlung, der Lebensmittelladen auf dem Schlehenweg, der Schuster auf dem Sandweg. Bis Dezember 2015 hielt sich noch die Metzgerei Mengwasser (vormals Smiatek) auf dem Sandweg, nicht nur bei Taxifahrern aufgrund ihrer famosen Mettbrötchen beliebt. Heute existiert nur noch eine Kneipe (Schnuff II) am westlichen Ende des Sandwegs. Abgebildet ein Haustyp P mit überdachtem Eingangsbereich und Graragenerweiterung.
Haustyp P mit überbautem Eingangsbereich. Die Stromversorgung auf der Straße An den Birken fand teilweise oberirdisch statt. Ende der Achtziger mußten die Siedler ihre Vorgärten zur Parkraumschaffung verkleinern.
Das Haus von Emils Großvater. Beispielhaft sind die typischen Ausbaustufen des Hauytyps P zu erkennen. Der ursprüngliche traufständige Anbau (Eingangsbereich mit den beiden Fenstern) wurde sowohl zur Hausfront als auch weit in den Garten hinein erweitert.
Abgesehen von dem rechten unteren Fenster dürfte sich das Haus An den Birken 1h vom Typ P1 1990 noch weitestgehend im Originalzustand befunden haben. Auf Restparzellen -ungünstig gelegenen Eckgrundstücken, die zu wenig Raum für ein Doppelhaus boten- wurden Einfamilienhäuser dieses Typs gebaut. Bemerkenswert: die oberirdische Stromversorgung.
Auf Restparzellen -ungünstig gelegenen Eckgrundstücken, die zu wenig Raum für ein Doppelhaus boten- wurden Einfamilienhäuser vom Typ P1 gebaut, hier die Rückansicht des Hauses An den Birken 1h.
Der rückwärtige und bereits erweiterte Stallanbau wird abgerissen. Die Wände der Erweiterung bestehen aus den unterschiedlichsten Baumaterialien: helle Klinker, dunkle Klinker, großvolumige Gasbetonsteine.
Geld war in der Siedlung nicht viel vorhanden, dafür aber handwerkliches Geschick und Organisationstalent. Man nahm an Baustoffen, was man kriegen konnte und nach Feierabend wurde der Anbau in Eigenregie hochgezogen.
Haustyp P mit überbautem Eingangsbereich.
Haustyp P mit überbautem Eingangsbereich. Bitte das Gartentor schließen!
Anfang der Neunziger wurden die Siedlungsstraßen verbreitert und instandgesetzt. Die Vorgärten wurden beschnitten, um Parkraum zu schaffen. Passend zum Straßennamen wurden außerdem Birken zur Auflockerung des Straßenbilds angepflanzt.
Doppelhaus des Typs P, die häufigste Bauform in der Siedlung Rotes Haus. Das entlang der Firstlinie getrennte Doppelhaus mit seitlichem Stallanbau unter einem Schleppdach wurde durch Überbauung des Eingangsbereichs zur Straße hin erweitert. Auffällig die asymmetrische Platzierung und Größe der Fenster. Auch hier findet wie beim Nachbarhaus 1h die Stromversorgung oberirdisch statt.
Das Haus meiner Großeltern, in dem ich meine Kindheit verbrachte. Blick vom Garagendach auf die Terrasse und die Erweiterungen des Nachbarhauses. Mein Großvater Alfred Arbter war einer der ersten Siedler und baute 1933 das Haus Typ P auf dem Schlehenweg 40. Zusammen mit seiner Familie und seinem Bruder Oswald Arbter wohnte er dort bis Mitte der 50er Jahre. Das Haus wurde zu eng, mein Opa entschloß sich zu einem weiteren Hausbau auf dem freigegebenem Zupachtland um die Ecke auf dem Eichenbruch 15. Bis in die 7oer wohnte mein Großonkel noch im Haus Schlehenweg 40, im Rahmen des Autobahnbaus wurde aber der nordöstliche Zipfel der Siedlung gekappt und das Haus abgerissen. Mein Großonkel zog daraufhin auf den Goldregenweg.
Blick auf die Resthälfte des ehemaligen Grundstücks meines Großonkels. Die andere Hälfte und das Wohnhaus mußten in den 70ern dem Lärmschutzwall der A44 weichen. Das alte Wohnhaus stand zentral im Fluchtpunkt des Bildes. Die dreieckige Gartenrestfläche übernahm der direkte Nachbar. Das Haus rechts ist ein Neubau aus den 70ern.
Blick auf die Terrasse des großelterlichen Hauses und die Dachpartie des Nachbarhauses.
Ehemaliger Garten des Grundstücks Schlehenweg 40. Das Haus und der halbe Garten mussten dem Lärmschutzwall der A44 in den 70ern weichen. Bis 2020 gehörte das dreieckige Grundstück zum Haus Schlehenweg 38, einem "Neubau" aus den 70ern, heute dem Haus Eichenbruch 15.
Garagenzufahrt des Hauses An den Birken 15.
Im Vergleich zu den benachbarten Einfamilienhäusern neueren Datums werden die beschränkten Ausmaße der alten Siedlungshäuser besonders deutlich. Abgebildet ein Haus Typ Spiegel (Name des Architekten) in einer gespiegelten Version. Die Spiegelebene läuft senkrecht durch das Bild, der ursprüngliche Entwurf ist nur halb so groß. Kurz vor den Aufnahmen wurden die Straßen der Siedlung neu geteert. Die vormals unbefestigten Bürgersteige wurden auf dem Sandweg gepflastert und Parkbuchten eingerichtet.
Die Wohnfläche des abgebildeten Haustyps Spiegel betrug lediglich 57qm. Viele der alten Gebäude wurden stetig durch Anbauten vergrößert, um mehr Wohnraum zu schaffen. Hier wurde der ursprüngliche Stallanbau (der linke Teil mit den kleinen Fenstern) traufständig erweitert.
Da die alten Gebäude aber heutigen Wohnraumansprüchen nicht mehr genügen, wurden viele Häuschen abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Auch dieses Haus existiert nicht mehr.
Eines der wenigen nicht typisierten Häuser nach einem Siedlerentwurf aus der Anfangszeit der Siedlung. Nur die linke Hälfte des Doppelhauses befindet sich weitestgehend im Originalzustand, auch das Eingangsportal wurde nachträglich hinzugefügt.
Außer der Dachgaube und der den Eingangsbereich umschließenden Mauer dürfte sich diese Haushälfte des Typs P weitestgehend im Originalzustand befinden. Unter dem Schleppdach befanden sich früher Arbeitszimmer, Abort und rückwärtig ein Stall.
Einige Gärten wissen durch ihre Detailverliebtheit und Akkuratesse zu überzeugen.
Flächenmäßig konnten es einige Garagen mit den zugehörigen Wohnhäusern aufnehmen. Haustyp P mit überdachtem Eingangsbereich und Garage mit bayrischer Lüftlmalerei.
Flächenmäßig konnten es einige Garagen mit den zugehörigen Wohnhäusern aufnehmen. Haustyp P mit überdachtem Eingangsbereich und Garage mit bayrischer Lüftlmalerei.
Stark veränderter Haustyp P mit überbautem Eingangsbereich, Dachgauben und Garagenerweiterung. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass sich hier bis in die 70er ein kleiner Lebensmittelladen befand.
Für die Siedlung typische Wohnraumerweiterungen sind an diesem Gebäude gut zu erkennen. Das ursprüngliche Siedlungshaus Typ P erstreckte sich giebelseitig bis zum Knick im Dach. Seitlich unter einem Schleppdach befand sich ein kleiner Anbau mit Eingangstür, Arbeitszimmer, Stall und WC. Hier wurde der Anbau sowohl nach vorne bis zur Hausfront als auch nach hinten in den Garten verlängert. Weitere Ausbauten nach 1990 sind auf der Google Maps-Satellitenansicht zu erkennen. Ästhetisch problematisch wurde in späteren Jahren die Trennung des Haustyps P entlang der Firstlinie in 2 Wohneinheiten. Unterschiedliche nachträgliche Fassadengestaltungen oder Umbauten der beiden Haushälften führten zu einem unausgewogenem Erscheinungsbild der Häuser und der gesamten Siedlung.
Blick von hinten auf Haus und Garten Schlehenweg 25.
In den 70ern wurde zwischen der Straße Am Roten Haus und dem Föhrenweg ein kleiner Fußgängerweg angelegt. Er verkürzte nicht nur den Fußweg aus der Siedlung zur Bushaltestelle Am Roten Haus ganz erheblich, sondern eröffnete auch neue Perspektiven auf die angrenzenden Gärten. Hier werfe ich einen Blick über den Zaun auf den Hühnerstall im Garten des Grundstücks Schlehenweg 27. Der Zaun ist ein alter Bekannter aus den 70ern, nur allzuoft bremste er unsere Seifenkistenfahrten den steilen Böschungsweg von der Bushaltestelle herab. Kleinviehhaltung war in den Anfangsjahren der Siedlung weit verbreitet, die Siedler wurden in Lehrgängen mit den Grundlagen vertraut gemacht. Dieser Hühnerstall dürfte in den 90ern einer der letzten gewesen sein, heute ist er verschwunden und das alte Siedlungshaus durch einen Neubau ersetzt worden.
Blick von der Straße Am Roten Haus auf den Schlehenweg mit mehreren Häusern des Typs P. Eine gewisse Nähe zu Frank Gehrys dekonstruktivistischen Entwürfen (Gehrys Wohnhaus) ist den über die Jahre erweiterten Gebäuden nicht abzusprechen.
Die relativ neue Garage dürfte ungefähr die Ausmaße der alten Siedlungshäuschen haben.
So ein schönes Auto.
Unterschiedliche Dachneigungswinkel der Anbauten sind häufig gar nicht mal so schön. In diesem Fall empfinde ich das Gesamtbild aufgrund der extrem asymmetrischen Dachlinie und der einheitlichen Fassade ganz stimmig. Abgesehen von dem Schrotthaufen im Vorgarten.
2020 wurde das Grundstück geteilt, auf der rechten Rasenfläche steht jetzt ein neues Haus.
Blick auf die Siedlung Am Roten Haus von der Straße Am Roten Haus. Das ursprünglich einheitliche Gesamtbild der Siedlung wurde durch verschiedenartigste An- und Umbauten, Fenstergrößen und Hausfassadengestaltungen individualisiert.
Aus heutiger Sicht stehen die sehr großen Selbstversorgergärten im krassen Widerspruch zu den ursprünglich winzigen Siedlungshäuschen.
Platz genug für 4 Parkplätze im Vorgarten.
Aus heutiger Sicht stehen die sehr großen Selbstversorgergärten im krassen Widerspruch zu den ursprünglich winzigen Siedlungshäuschen. Platz genug für 4 Parkplätze im Vorgarten.
Das (mir bekannte) einzige, nicht typisierte Holzhaus in der Siedlung.
In den 1980er Jahren wechselten vermehrt die Besitzverhältnisse der Siedlungshäuser. Die verkehrsgünstige Lage und die riesigen Grundstücke lediglich 5 km von der Stadtmitte entfernt zogen immer mehr Neusiedler an. Der Eigentumswechsel ging häufig mit einer Totalsanierung und -erweiterung der alten Häuschen einher, so auch hier am Wacholderweg 4. Später wurden die alten Häuser von den Neubesitzern komplett abgerissen und durch Neubauten ersetzt.