Photosubversive: Gegen die Kommerzielle Verblödung der Fotografie, eine Polemik zum Ende des fotografischen Zeitalters

Unter dem Pseudonym Photosubversive veröffentlichte vor 7 Jahren ein kluger Kopf 3 Blogs zum Thema Amateurfotografie.
Mit beißender Polemik analysierte er die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen der produzierenden Fotoindustrie, den konsumierenden Fotomamateuren und als vermittelndes Bindeglied die Rolle der einschlägigen Fotomagazine, Fotoforen und Fotocommunities.
Gut weg kam in diesen Schriften keiner der Protagonisten: die Fotoindustrie mit ihren vermeintlich weltbewegenden technischen Neuerungen, die sich häufig als belanglose Ver(schlimm)besserungen entpuppen, die Fotoamateure, deren Repertoire sich vornehmlich auf die Reproduktion des von Fotoindustrie und Massengeschmack definierten Bilderkanons beschränkt und die Fotomagazine, -foren und -communities als Multiplikatoren dieses Massengeschmacks und Werbeplattform der Fotoindustrie.

Ganz normale Marktmechanismen könnte man einwenden, was soll daran interessant sein?
Hier kommt die Moderne ins Spiel, das Versprechen der Einzigartigkeit jedes Individuums, Kreativität als Maßstab für Erfolg und Anerkennung.
Nach erfolgreicher Dekonstruktion dieser vermeintlichen Kreativität in seinen Polemiken musste Photosubversive nicht lange auf das emotionale Echo warten: seine Blogs und die Fotoforen waren monatelang voll mit erbosten Hasskommentaren der in ihrer Ehre angegriffenen Fotoamateure. Demgegenüber eine Handvoll Amateure, die sich von Photosubversive in ihrer Meinung bestätigt fühlten oder ihr bisheriges Tun und Schaffen selbstkritisch hinterfragten.
Diskussionen entwickelten sich in einer Form, die die Forenbetreiber dazu bewegten, die Threads zu deaktivieren. Auch wurde verboten, Photosubversives Blog zu verlinken.
Photosubversive wurde der Rummel irgendwann zu groß und er entschloss sich, seine Texte zu depublizieren

Photosubversive und ich kennen uns schon viele Jahre über das Internet, auch wir haben uns schon mehrfach in hitzigen Diskussionen über Fotografie gerieben, aber grundsätzlich sind wir einer Meinung. Und diese Meinung in Form seiner polemischen Schriften werde ich hier mit Photosubversives Genehmigung wieder veröffentlichen.

Warum?
Auch nach vielen Jahren kann man diese Blogs als erfrischenden und immer noch aktuellen Angriff auf gegebene Marktstrukturen und das von Amateurseite nicht umgesetzte Kreativitätsversprechen werten. Nichts hat sich zum Positiven gewendet; alles in den Blogs Beschriebene, Hinterfragte, Verspottete hat weiterhin Gültigkeit. Ambitionierte Amateurfotografie im positiven Sinne des Wortes findet kaum mehr statt. Der Einsatz der Fotografie als solitäres oder ergänzendes Medium in der Beschäftigung mit einem persönlichen Thema wie z.B. Familie, Arbeitsplatz, Lebenswelt ist verschwindend gering. Nur ein persönliches Thema wird immer wichtiger: die eigene Person, möglichst positiv und aufgehübscht vor entsprechender Kulisse inszeniert, siehe Instagram. Daneben natürlich das Standardrepertoire: immergleiche Stadt-, Architektur-, Landschaftsansichten, jetzt aber von effektheischenden KI-generierten Himmelsdomen überwölbt. Immergleiche Portrait- oder Aktaufnahmen, von der Photosoftware aufgehübscht.
Fotografie als Zeitvertreib. Langweilig.

Der Blog wurde mit Zustimmung Photosubversives von vormals 94 DIN A4-Seiten auf rund 90 Seiten gekürzt; tote Links, namentliche Nennungen und redundante Abschnitte wurden entfernt. Lektorierung, Kürzung und Formatierung der Texte wird einige Zeit in Anspruch nehmen, sie werden peu à peu publiziert. Die Kommentarfunktion habe ich deaktiviert, mögen Diskussionen woanders stattfinden.
Ich wünsche den geneigten Lesern viel Spaß!

P.S.: Von Photosubversives Texten inspiriert habe ich im März 2015 folgende Miniserie veröffentlicht, den Titel habe ich von Thomas Bernhard entliehen: Meine Preise

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Inhaltsverzeichnis

Blog 1: Gegen die kommerzielle Verblödung der Fotografie! – Eine Polemik zum Ende des fotografischen Zeitalters.

  1. Vorwort
  2. Bilderwelten
    1. Die Genrefotografie und ihre Motive
    2. Das Schöne und das Banale
    3. Dokumentation und Ästhetik
    4. Der Fokus auf das Einzelbild als kreative Reichweitenbegrenzung
    5. Die Vorliebe für das Detail und die selektive Isolation
  3. Fotografische Sozialisation durch Fotoforen und -magazine
    1. Orientierungsbedarf
    2. Kompetenz und Bildung: Rahmenbedingungen der Forenkommunikation
    3. Der ideologische Überbau: Mit Mythen und Lügen gegen die grausame Vernunft
    4. Die Lüge von der konstruktiven Kritik
    5. Die Talentfrage: Sehen Können als visuelle Begabung und erlernte Fähigkeit
    6. Die Geschmackslüge als eine der zahlreichen Relativitätslügen
    7. Die Demontage der Klassiker und das Diktat einer verblödeten Modernität
    8. Die gequälte Kunst und das Scharlatan-Argument
  4. Digitale Technik als Verblödungsfaktor
    1. Der Auflösungswahn: Die technische Bildqualität heißt jetzt BQ und wird endgültig eine theoretische Größe
    2. Der Verlust von Basiswissen und alten Weisheiten
    3. Der ISO-Wahn und der DOF-Wahn im Vollformatsegment
    4. Das Spiel mit der Technik: Die Pseudokreativität und ihre digitale Explosion
    5. Die ewige Aufwandsfrage und die Modernitätsfrage in digitalen Zeiten
    6. Die neue Hardware und der Verlust von fotografischem Grundwissen im digitalen Zeitalter.
      Ein Beitrag zur allgemeinen Entwertung des Bildermachens und des Bildes.

  5. Die Umgebungsbedingungen der zeitgenössischen Amateurfotografie
    1. Die sogenannte Kommunikation im Internet
    2. Die professionelle Fotografie und der Mainstream der Amateure
    3. Die Nachahmung als altes Leitprinzip im Zeitalter der Mehrheitsästhetik
  6. Amateurfotografie jenseits der Mehrheiten
    1. Kommunikation: Ja oder nein? Sinn oder Unsinn? Wie und wo? Orientierungsfragen zur Kommunikation
    2. Technik jenseits der mehrheitlichen Glaubensbekenntnisse
    3. Bilderwelten jenseits der Mehrheiten
      Nachtrag zu den Bilderwelten: Dokumentarisches Bild und Schönbild

  7. Amateurfotografie als emanzipatorischer Akt
  8. Schlusswort
  9. Epilog
    1. Zur Rezension des Blogs in den Foren
    2. Richtigstellung